Feines Reiten mit Schulpferden?

Wie bringt man feines Reiten und Reitanfänger zusammen? Diese Frage beschäftigt mich, seit ich angefangen habe mit den ZahrenPferden. Wenn man immer allein mit seinem Pferd ist, kann man es immer feiner und feiner Reiten, so dass es sprichwörtlich am „Bindfaden“ zu reiten ist. Die kleinsten Bewegungen sind Hilfen, die das Pferd umsetzt. So war es jahrelang mit meiner treuen Trakehnerstute Odina. Jeder der sie reiten durfte, staunte, wie fein sie auf den Reiter horcht.

Wie aber geht das nun, wenn viele Fremdreiter mit den Pferden umgehen, die oft gänzlich unerfahren sind? In meiner Wunschvorstellung werden unsere Pferde mit den Fremdreitern immer besser. Das heißt, sie müssen nicht immer wieder „Korrektur“ geritten werden, sondern sie halten ihren Ausbildungsstand und verbessern ihn sogar im besten Fall. Ein großer Anspruch und trotzdem beharre ich drauf, dass es machbar ist.

Am Besten gelingt es mit Reitern, die kontinuierlich jede Woche zu den Pferden kommen. Renate z.B. reitet nun schon fast 1,5 Jahre den Ashley. Immer feilen und arbeiten wir an bestimmten Dingen. Heute beim Ausritt zum Beispiel, bot es sich an, an der großen, langen Wiese entlang eines Grabens immer wieder kurze Galopps einzufordern, unterbrochen von kurzen Schrittreprisen. Eine Herausforderung für ein Pferd wie Ashley, der supergerne lange und vor allem schnell rennt. Vor einem halben Jahr wäre es noch nicht denkbar gewesen für die zwei. Und wenn es nicht denkbar ist, wird es auch keinesfalls mal eben „ausprobiert“. Das ist so ein ganz wichtiger Baustein, den ich noch aus dem Horsemanship mitgenommen habe: Fordere vom Pferd nur das, was du in der Lage bist umzusetzen. DU, als Reiter. Eine goldene Regel, von der man nicht abweichen darf. Daher ist das Training bei uns ganz kleinschrittig, immer ein Stückchen mehr.

Jetzt im Sommer erkläre ich unentwegt Reitanfänger, die ihren Urlaub hier verbringen und erste Reiterfahrungen sammeln wollen, wie man ein Pferd losreitet, anhält und nach rechts und links abwendet. Immer frage ich, egal wie alt die Reiter sind, ob 4 oder 60, wie würdest du es anstellen, ein Pferd anzuhalten? Es gibt viele interessante Antworten. Über „Hooooo“ und „Zügel anziehen“ kommen die wenigsten mit ihren Ideen hinaus. Auch hier wenden wir die goldene Regel aus dem Horsemanship an, das Pferd 1. zu fragen, 2. aufzufordern und 3., ihm zu versprechen, dass es nun anhalten wird. Das gleiche gilt für das Abwenden und das Loslaufen. Im Grunde genommen für alles, was wir vom Pferd verlangen - und sei es nur, sein Hinterteil zur Seite zu schicken beim Putzen - gibt es diese 3 Stufen. Ich erklär es mal am "mit dem Pferd losreiten":

Mit unserer Frage – also Stufe 1 – geben wir den Zügel nach vorn und schieben das Pferd mit der eigenen Hüfte an, ein kleiner Schubbser in die Bewegung. Gelingt das nicht, und wir fragen nur einmal!, kommt Stufe 2 unsere Aufforderung an das Pferd, sich nun zu bewegen, ein kräftiger Schnalzer. Sollte das Pferdchen noch immer nicht losgelaufen, gehen wir zur Stufe 3 über: wir richten beidseits mit den Waden „die Härchen auf“, dass heißt, wir streifen knapp hinter dem Gurt die Pferdehaare mit unseren Beinen „gegen den Strich“. Reicht es nicht aus, gehen wir zu sachtem Klopfen über, eventuell muss es gesteigert, jedoch nicht unterbrochen werden, bis das Pferd losläuft. Wir haben ihm versprochen, dass es loslaufen wird. Das klappt sehr gut und meist reicht Stufe 1, selten wird Stufe 3 aufgerufen. Die Pferde haben immer die Chance, auf eine ganz leichte Hilfe zu reagieren.

Wichtig ist, dass zwischen den einzelnen Stufen 1 Sekunde Pause eingehalten wir, damit das Pferd „überlegen“ kann, was der Reiter wohl meinte und dass es außerdem immer, egal bei welcher Stufe es reagiert, ein Lob bekommt.

Nun kam es aber, dass wir Besuch hatten und der Mann erzählte, dass er auf einem Westernreiterhof in Sachsen geritten ist und als purer Anfänger in der ersten Reitstunde angewiesen wurde: Reite rückwärts! Er hatte keinerlei Ahnung, wie das anzustellen wäre und fragte nach. Die Antwort lautete: denke so lange rückwärts, bis das Pferd rückwärts geht! Er dachte, wollen die mich veräppeln, aber es half ja nix: Rückwärts denken! Und nach geraumer Zeit ging das Pferd zurück. Wow!! Herrlich!

Also gibt’s nun bei uns auch die Stufe 0....also vor Stufe 1 kommt meine Anweisung: stell dir vor, wie du jetzt mit deinem Pferd losläufst! Und siehe da: des öfteren reicht Stufe 0!!!! Das ist schon sehr begeisternd und wir sind wieder ein Stückchen weiter mit dem „feinen Reiten“ für „Schulpferde“. Natürlich geht’s nicht immer – da frage ich die Kinder: räumt ihr auch gleich euer Zimmer auf, wenn die Mama fragt, ob ihr das machen könntet? Die Kinder lächeln und sagen: nein, meistens nicht.... Und ich sag: na siehste, die Pferde machens genauso wie wir! Sie klären ab, genau wie die Kinder: meinst du das ernst? Bist du in der Lage, deine Forderung durchzusetzen? Denn nur diesem Reiter können die Pferde sich und ihre Sicherheit anvertrauen. Genau wie jedes Kind mit einer Mutter überfordert ist, die keine liebevollen, aber bestimmte Anforderungen stellt.

Ferun und Bêla. Die Kurve gemeistert - ein Lob für Bêla!